Der ökologische Zustand der Flüsse in Bayern 2025: Zahlen, Daten und dringender Handlungsbedarf

Flüsse sind Lebensadern – doch sie kämpfen ums Überleben
Bäche, Flüsse und ihre Auenlandschaften beheimaten eine große Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten. Sie sind die Lebensadern unserer Landschaft und verbinden Natur- und Kulturräume miteinander. Bei Hoch- und Niedrigwasser helfen naturnahe Auenflächen zudem, den Abfluss zu regulieren. Sie können somit die Folgen der Klimakrise mildern. Doch die meisten Bäche und Flüsse sind eingedeicht, verbaut und kaum noch mit ihren Auen verbunden. Sie werden durch zahlreiche Barrieren unterbrochen, ihre Strukturen sind verarmt. Hinzu kommen Einträge aus Kläranlagen oder den benachbarten Feldern sowie die Belastung durch die zunehmende Erwärmung im Zuge des globalen Klimawandels.
Der ökologische Zustand der Flüsse in Bayern 2025 zeigt: Die natürliche Funktionsweise vieler Gewässer ist stark eingeschränkt. Das hat Folgen für Artenvielfalt, Wasserhaushalt und Klimaanpassung.
Der ökologische Zustand der Flüsse in Bayern 2025: Ein kritischer Blick
Auch in Bayern gibt es große Defizite beim Gewässerschutz. Vier von fünf Fließgewässern verfehlen den gemäß der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie geforderten „guten ökologischen Zustand“. Sie bieten charakteristischen Arten, z. B. Fischen, wirbellosen Kleintieren am Gewässergrund, Wasserpflanzen oder Algen, keine geeigneten Lebensräume mehr.

Quelle: Ökologischer Zustand der Oberflächengewässer - LfU Bayern
Querbauwerke: 57.000 Hindernisse in Bayerns Gewässern
Die hohe Dichte an Querbauwerken verändert die Lebensräume in und entlang der Fließgewässer. Fast 57.000 Querbauwerke hat das Landesamt für Umwelt an den bayerischen Bächen und Flüssen gezählt. Darunter sind viele Durchlässe, Verrohrungen und Sohlenbauwerke. Die weitaus größte Barrierewirkung entfalten jedoch die rund 6.600 Wehre in Bayern. Sie stauen die Gewässer meist über längere Strecken auf und behindern die Fortbewegung der Gewässerlebewesen.
Dazu kommen Wasserausleitungen für die Stromgewinnung oder Entnahmen für die Bewässerung. Je weniger Wasser aber in den Bächen und Flüssen vorhanden ist, und je flacher das Gewässer, desto stärker erwärmt es sich. Je höher die Wassertemperatur, umso schlechter löst sich Sauerstoff. Dies ist insofern ein Problem, weil die ökologisch degradierten Gewässer zusätzlich durch Einträge aus Kläranlagen und der Landwirtschaft belastet werden.
Oftmals reicht die intensive landwirtschaftliche Nutzung bis zum Gewässerrand, eine schattenspendende Ufervegetation fehlt. Besonnte Bäche und Flüsse erwärmen sich schneller, was durch die generelle Klimaerwärmung weiter verstärkt wird. Immer öfter drohen deshalb Sauerstoffdefizite, vor allem in langsam fließenden Mittel- und Unterläufen sowie in Staubereichen. Sauerstoffarme Gewässer verlieren ihre Fähigkeit zur Selbstreinigung, giftige Blaualgenblüten drohen, vor allem in (Stau-)Seen und langsam fließenden Flussabschnitten. In trockenen und heißen Sommermonaten sind die Gewässer immer häufiger von Niedrigwasser geprägt, insbesondere kleine Bachläufe trocknen zeitweise gänzlich aus [1].
57.000 Hindernisse in Bayerns Gewässern
6.600 Wehre in Bayerns Gewässern
Durchgängigkeit: Nur 4 % der Wehre sind passierbar
Je schwieriger die Lebensbedingungen werden, umso wichtiger wäre eine barrierefreie Fortbewegung im Gewässernetz. Doch es gibt große Defizite bei der Durchgängigkeit. Nur vier Prozent der bestehenden Wehre sind frei passierbar. Die allermeisten anderen haben die gleiche Wirkung wie eine fest verschlossene Tür: keinerlei Durchkommen (Stand: Juli 2024, Daten des LfU).
Dabei werden rund 900 Wehre vom Landesamt für Umwelt als baufällig eingestuft. Vermutlich haben sie keinen Nutzen mehr, denn niemand kümmert sich um ihre Instandhaltung. Es wird Zeit, marode Barrieren endlich aus den Flüssen zu entfernen, auch zur Sicherheit der Menschen. Diejenigen, die noch genutzt werden, müssen dringend mit Fischaufstiegsanlagen oder Umgehungsgerinnen passierbar gestaltet werden.
Nur 4 % der Wehre sind passierbar
900 Wehre werden vom Landesamt für Umwelt als baufällig eingestuft

Gesetzliche Vorgaben machen Druck: Zwei Jahre bleiben
Bereits in der „Bayerischen Biodiversitätsstrategie“ von 2009 und dem zugehörigen „Biodiversitätsprogramm 2030“ von 2014 wurde angemahnt, die ökologische Durchgängigkeit (u. a. durch Rück- und Umbau von Querbauwerken) zu verbessern. Und letztendlich ist es rechtlich verpflichtend vorgeschrieben, die Durchgängigkeit von Gewässern an Stauanlagen und Barrieren herzustellen, um einen „guten ökologischen Zustand“ zu erreichen (WHG, §34).
Dieser gute Zustand muss gemäß Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 für alle Fließgewässer erreicht werden. Der ökologische Zustand der Flüsse in Bayern 2025 zeigt, wie dringlich der Handlungsbedarf ist.
Fischbestände brechen dramatisch ein
Aufgrund der starken Veränderung unserer Bäche und Flüsse ist die Artenzusammensetzung in 87 Prozent der untersuchten Gewässerstrecken gestört (LfL, 2018). Häufig fehlen insbesondere die Mittel- und Langdistanzwanderfischarten. Der Wanderfischbestand wird in 77 Prozent der Untersuchungsstrecken als „mäßig bis schlecht“ bewertet.
Je ungünstiger die Bedingungen in den sich erwärmenden, austrocknenden oder sauerstoffarmen Gewässerabschnitten werden, umso mehr müssen insbesondere kälteliebende Arten mit hohem Sauerstoffbedarf wie Bachforelle oder Äsche in kühlere Oberläufe ausweichen können. Dies ist jedoch aufgrund der starken Zerschneidung unserer Gewässer meist nicht oder nur noch eingeschränkt möglich. Selbst die heimische Forelle gilt mittlerweile gemäß „Roter Liste“ als gefährdet (BfN, 2023).
Insgesamt werden in Bayern mehr als die Hälfte der heimischen Fischarten als gefährdet eingestuft (LfU, 2021).
87 Prozent der untersuchten Gewässerstrecken sind gestört
Der Wanderfischbestand wird in 77 Prozent der Untersuchungsstrecken als "mäßig bis schlecht" bewertet
Fazit: Zeit zum Handeln – für Mensch und Natur
Der ökologische Zustand der Flüsse in Bayern 2025 zeigt deutlich: Naturschutz ist kein „Nice-to-have“, sondern essenziell. Intakte Gewässer sind Lebensräume, Wasserspeicher und natürliche Klimaschützer. Der Schutz und die Renaturierung unserer Flüsse ist ein Gewinn für Biodiversität, Klimaresilienz und Lebensqualität.
Jetzt ist der Moment zu handeln – bevor die Lebensadern unserer Natur endgültig versiegen.
Informieren Sie sich über die aktuellen Projekte, die die Durchgängigkeit unserer Flüsse verbessern. Werden Sie aktiv – für den Schutz unserer Gewässer und eine nachhaltige Zukunft!
Quellen:
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, LfL (2018)
Bayerisches Landesamt für Umwelt, LfU (2021): Rote Liste und Gesamtartenliste Bayern.
Bayerisches Landesamt für Umwelt, LfU (2023)
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) (2017): Gewässer in Bayern – auf dem Weg zum guten Zustand. Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für den Zeitraum 2016 bis 2021.
Bundesamt für Naturschutz, BfN (2023)
Wasserhaushaltsgesetz (2009): WHG §34 Durchgängigkeit oberirdischer Gewässer.