Ein Bach wird lebendig – und eine Idee wächst zur Bewegung
Solange er sich erinnern kann, ist André Holzinger von Gewässern und ihren Lebewesen fasziniert. Woher diese Begeisterung kommt? Schmunzelnd erzählt er: Meine Mutter hat kurz vor meiner Geburt viel Zeit mit Fischen verbracht und mein Vater hat zu dieser Zeit den Fischereischein gemacht. Vielleicht ist es das Wasser, das ihm in den Adern liegt.
Bereits vor mehr als 20 Jahren wagte er sich an ein Ökoprojekt an einem Teich. Doch nach einigen Jahren scheiterte es – nicht zuletzt am mangelnden Willen der Gemeinde und den unterschiedlichen Interessen innerhalb der Gruppe. Die Enttäuschung war groß: Kein Verein, keine Initiative wollte sich für unsere Gewässer stark machen.
Die Faszination allein war ihm nie genug. Als Erwachsener machte er sich auf die Suche nach einem Ort, an dem er wirklich etwas bewirken konnte. 2019 fand er diesen Ort: einen kleinen Bach, den er pachtete – in der Hoffnung auf einen lebendigen Rückzugsort voller Vielfalt.
Doch die Realität war ernüchternd. Kein Leben. Keine Fische. Keine Bewegung. Nur eine stille, trübe Linie. Für viele wäre das das Ende gewesen – für André Holzinger war es der Anfang.
„So darf es nicht bleiben.“
Er war kein Biologe, kein Planer, kein Profi. Aber er war entschlossen. Sein Fischlehrer gab ihm die erste Richtung: Versorgte ihn mit Fachliteratur und Stand mit Rat und Tat zur Seite. Erklärte Zusammenhänge und war immer Ansprechpartner bzw. Kummerkasten. Zeigte ihm, wie aus Totholz Lebensraum entsteht. Wie kleine Maßnahmen große Wirkung entfalten. Und vor allem: dass jeder Beitrag zählt.
Ein Gespräch mit André Holzinger – über Widerstände, Wandel und warum es sich lohnt, dranzubleiben
Wir haben André Holzinger getroffen, um tiefer zu verstehen, was ihn antreibt – und wie Veränderung möglich wird, wenn man wirklich will:
1. Warum ist Ihnen der Rückbau von Querbauwerken besonders wichtig? Was verändert sich für Natur, Tier – und Mensch?
Bäche müssen frei fließen, um ihre volle positive Wirkung entfalten zu können. Ein Bach ohne Querbauwerke und Wehre ist frei, Tiere können in beide Richtungen wandern, sich ausbreiten und sich fortpflanzen. Frei fließende Bäche sind Lebensadern in der Landschaft – davon profitieren auch wir Menschen massiv.
2. Woher kommen Ihrer Meinung nach die größten Widerstände, wenn es um frei fließende Bäche und Flüsse geht?
Der Mensch tut sich meiner Meinung nach immer schwer mit Veränderungen. Dazu kommen die Ängste vor einem Bach oder Fluss, der frei fließt – das wird als Kontrollverlust empfunden. Hinzu kommen private und finanzielle Interessen Einzelner (kleine Wasserkraft, z. B.).
3. Was war die schwierigste Hürde, der Sie sich stellen mussten – und wie sind Sie damit umgegangen?
Akzeptanz in der Bevölkerung, bzw. bei Anliegern, die keine Veränderung wollen. Es ist wichtig, konsequent dranzubleiben, viele Gespräche zu führen, Präsenz am Bach zu zeigen und Öffentlichkeitsarbeit zu machen.
4. Wie motivieren Sie sich immer wieder neu, dranzubleiben – auch wenn sich scheinbar nichts bewegt?
(Lacht) Die Natur motiviert mich, Zeit am Bach lädt den Akku auf.
5. Was hilft Ihnen, mit Rückschlägen oder bürokratischen Frustmomenten umzugehen?
Am Anfang war es wirklich wichtig, ein paar Menschen zu haben, mit denen ich über meinen Ärger sprechen konnte. Ohne sie hätte ich vermutlich irgendwann aufgegeben. Lange Telefonate und eine Nacht darüber schlafen – dann ging es weiter.
6. Welche Tipps haben Sie, wenn man mit Behörden, Kommunen oder Anliegerinnen und Anliegern ins Gespräch kommen möchte – und etwas bewirken will?
Dranbleiben, sich nicht demotivieren lassen, die eigene Begeisterung für die Sache nicht verlieren und sich klar sein: Es braucht einen langen Atem.
Unterstützung durch ein Netzwerk suchen, wie z. B. Fluss.Frei.Raum. Dort bekommt man konkrete Tipps und Lösungsvorschläge und geht viel leichter in solche Diskussionen.
Auch vom Landesfischereiverband Bayern habe ich große Unterstützung erfahren – hier bekam ich wertvolle Anregungen und fachlichen Input.
Ansonsten: immer ehrlich und fair bleiben, auf die Sorgen und Ängste eingehen, Verständnis haben, dass es unterschiedliche Ansichten und Interessen gibt.
7. Gab es einen besonderen Aha-Moment in der Natur, der Ihnen gezeigt hat: Es lohnt sich?
Viele – die Natur begeistert immer wieder aufs Neue. Besonders eingeprägt hat sich jedoch der erste Massenschlupf der Eintagsfliegen. Wo in den Jahren zuvor immer nur einzelne Exemplare geflogen sind, waren es nach zwei Jahren Hunderte. Jedes Jahr werden es jetzt mehr, immer neue Arten kommen dazu – es ist einfach fantastisch.
8. Was würden Sie jemandem sagen, der das erste Mal darüber nachdenkt, selbst aktiv zu werden – aber nicht weiß, wo er anfangen soll?
Unterstützung durch ein Netzwerk suchen, wie z. B. Fluss.Frei.Raum. Dort bekommt man konkrete Tipps und Unterstützung und findet eventuell Menschen in der eigenen Region, die schon so etwas machen. Alleine ist es verdammt schwer – gemeinsam sind wir stark!
Packt es an – es lohnt sich, nicht nur für die Natur, sondern auch für jeden Einzelnen. Das Verständnis für Zusammenhänge, wie kraftvoll und faszinierend die Natur ist, erweitert den eigenen Horizont enorm.
Machen Sie mit – und werden Sie Teil einer Bewegung
Was André Holzinger geschafft hat, beginnt mit einem einfachen Entschluss: Verantwortung zu übernehmen. Nicht allein – sondern gemeinsam.
Auch Sie können Teil unserer wachsenden Gemeinschaft werden. Ob Sie im Angelverein, in einer Naturschutzgruppe oder einfach gern draußen sind – Sie müssen kein Profi sein, um etwas zu bewegen.
👉 Melden Sie sich in unserem Netzwerk an und werden Sie Teil der Bewegung.
Wir verbinden Sie mit Menschen, die sich wie Sie für lebendige Gewässer einsetzen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie loslegen können – mit Wissen, Freude und Rückenwind.
Denn echte Veränderung beginnt genau hier: bei Ihnen. Mit uns.